Regel- und Monitoringsystem optimiert Betrieb der Lufttechnik
Das Traditionsunternehmen Kartonfabrik Buchmann GmbH produziert hochwertige Faltschachtel-Karton. Die Kartonmaschine 3 läuft dort seit 55 Jahren, die Lufttechnik der Hauben wurde zuletzt vor 20 Jahren angepasst. Die Maschine wurde über die Jahre stetig in der Produktionsleistung erhöht. Zeit also auch die Maschinenlufttechnik zukunftsorientiert auszurichten: Mit einem Projekt zur Erneuerung der Maschinenlufttechnik sollen Energieeffizienz, Produktivität und Transparenz erhöht werden. Durch ein Regel- und Monitoringsystem sowie die wartungsfreundliche Ausführung wird die Anlage stets auf dem optimalen Betriebspunkt betrieben, die Instandhaltung der Komponenten erleichtert und die Leistungsfähigkeit und Energieeffizienz über einen langen Zeitraum gewährleistet. Mit der Planung und Umsetzung wurde das Bayreuther Unternehmen airinotec betraut.
Nachhaltige Kartonproduktion im Biosphärenreservat
Mitten im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen liegt die Produktion von Buchmann Karton. Rund 350 Mitarbeiter produzieren dort circa 250.000 Tonnen Faltschachtelkarton im Jahr. Die Kartonmaschine 3 läuft bereits seit 1966. Seit dieser Zeit wurde sie mehrfach umgebaut und erweitert, was dazu führte, dass die Lufttechnik nicht mehr den Anforderungen der Maschine entsprach. Aus diesem Grund beschloss die Unternehmensleitung, eine Modernisierung zu veranlassen: Mit einer Erhöhung der Energierückgewinnungsgrade, einer Reduzierung des Energiebedarfs für die Lufttechnik sowie einer optimierten Betriebsweise und verbesserten Überwachungs- und Diagnosetools der Lufttechnik sollen die Weichen für eine nachhaltige Zukunft gestellt werden.
Anforderungen an neue Maschinenlufttechnik
Nachhaltigkeit – das betrifft in diesem Zusammenhang mehrere Zieldefinitionen. Eine primäre Anforderung an airinotec war die Erhöhung der Energieeffizienz der Anlage. Die bisher ungenutzte Abwärme der Nachtrockenpartie sollte dafür in die Heizwasserkreisläufe auf verschiedenen Temperaturniveaus eingespeist und über die neuen Regelungssysteme zusätzlich Energie eingespart werden. Ein Monitoringsystem sollte zum einen die Diagnostik und Wartung unterstützen und gleichzeitig Transparenz in die Lufttechnik bringen: Die Betriebszustände der Lufttechnik sollten ebenso jederzeit einsehbar sein wie die Energieverbräuche. Die letzten Anforderungen betrafen die Umsetzung: Der Umbau sollte die Produktion möglichst wenig beeinträchtigen – ein kurzer Anlagenstillstand musste also genügen. Außerdem musste die Planung mit den knapp bemessenen Platzverhältnissen auskommen.
Technisches Konzept zur Zielerreichung
Um die angestrebten Ziele zu erreichen, wurde in enger Abstimmung mit dem Kunden ein Luftkonzept für die Trockenhaube entwickelt, das genau auf die Gegebenheiten vor Ort angepasst war. Hinsichtlich der technischen Komponenten entschieden sich die Ingenieure von airinotec für folgende Lösung: Zunächst sollte ein Maschinenabluftventilator (Radialventilator) installiert werden. Im Abluftstrang der Nachtrockenpartie sollten zwei Luft-Wasser-Wärmerückgewinnungen aus Edelstahl mit einer Leistung von 1300 und 3100 kW, ein Tropfenabscheider mit Edelstahllamellen sowie ein Schalldämpfer mit ausziehbaren Kulissen für die Reinigung zum Einsatz kommen. Für die Zuluft sah die Planung eine Ansaugung mit Filter, mehrere Erhitzer zur Aufwärmung der Maschinenzuluft durch Abwärme aus der Maschinenabluft und Brüden- sowie ein Dampferhitzer vor. Auch für die Maschinenzuluft kommt ein Radialventilator zum Einsatz. Neben Zu- und Abluft wurde auch die Luftführung vom Ventilator bis zur Trockenhaube neugestaltet. Darüber hinaus wird die Luftverteilung innerhalb der Dunsthaube angepasst. Die Zuluft wird gleichmäßig über die gesamte NTP nah an der Papierbahn ausgeblasen. So wird die Belüftung der Maschine verbessert, was wiederum die Trockenleistung in der Nachtrockenpartie verbessert. Für sämtliche Bauteile in Ab- und Zuluft wurden dabei wartungsfreundliche Zugänge geschaffen.
Erstes Ziel: Steigerung der Energieeffizienz
Um die Energieeffizienzziele zu erreichen, sind verschiedene Maßnahmen in die Planung eingeflossen. Die erste bezieht sich auf die Nutzung von Abwärme: Durch die Nutzung von bislang nicht zurückgewonnener Abwärme wird zukünftig der Primärenergiebedarf reduziert. Dafür wird Abwärme aus der Maschinenabluft der Nachtrockenpartie genutzt, um sowohl die benötigte Maschinenzuluft vorzuwärmen als auch die überschüssige Abwärme in das Heizwassersystem der Hallenbelüftung der KM3-Halle und anderer Hallenbereiche zu geben. Mit dieser Maßnahme kann eine Reduzierung des Dampfverbrauchs und damit eine Verringerung des Primärenergieverbrauchs erzielt werden, wodurch das Projekt förderfähig durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wurde. Durch den Einsatz von Brüdendampf zur Beheizung der Maschinenzuluft wird der Energieeinsatz am Hilfskondensator, der den überschüssigen Brüdendampf zu Kondensat niederschlägt, reduziert. Bisher wurde die im Brüden enthaltene Energie teilweise ungenutzt mit zusätzlichem energetischem Aufwand am Hilfskondensator an die Umgebung abgeführt.
„Optimierte Betriebsweise und Überwachung der Lufttechnik leistet einen wichtigen Beitrag zur Effizienzsteigerung von Lufttechnischen Anlagen. Monitoring wiederum führt zu Transparenz, verlängert die Lebenszeit der Komponenten durch vorausschauende Wartung und ermöglicht einen guten Überblick über die Betriebsweise der Anlagen – und das auch bei wenig Personal.“ (Simon Linhardt, Projektverantwortlicher Ingenieur bei der airinotec GmbH)
Zweites Ziel: Transparenz durch Monitoring
Neben der Energieeffizienz stand ein weiteres zentrales Ziel auf der Liste von Buchmann: das Monitoring der installierten Lufttechnik. Mithilfe eines weitreichenden Monitoringsystems, das die Lufttechnik an den wichtigen und kritischen Punkten überwacht, wird eine Transparenz über die Betriebszustände der Komponenten geschaffen. Gleichzeitig werden Diagnostik von Fehlern, Wartung und Instandhaltung unterstützt. Die Verschmutzungsgrade einzelner Bauteile werden in Abhängigkeit der variablen Luftmengen überwacht und an das Prozessleitsystem Siemens PCS7 übermittelt. Intelligente Abreinigungsmodule sorgen dafür, dass Bauteile automatisiert so gereinigt werden, dass deren einwandfreie Funktion sichergestellt wird – mit geringstmöglichem Verbrauch von Wasser oder Druckluft. Auch hinsichtlich der Energieeffizienz ist das Monitoringsystem zielführend: Falsche Betriebspunkte der Ventilatoren, etwa durch Verschmutzung, Schäden an Bauteilen oder falsche Einstellungen, beeinträchtigen die Belüftung der Maschine und verursachen einen zu hohen Energieverbrauch. Um dies zu verhindern, werden diverse Ventilatorparameter, wie beispielsweise Volumenstrom, Drücke, Stromaufnahme und Drehzahl permanent online überwacht. Fehler werden auf diese Weise schnell entdeckt und können korrigiert werden.
Neben der Projektierung des Monitoringsystems wurde in der Planungsphase darauf geachtet, dass gut erreichbare Wartungszugänge etabliert werden. Gemeinsam mit dem Kunden wurden Positionen für Gewerke mit regelmäßigen Wartungspunkten definiert, mit dem Ziel, die Wartung bestmöglich zu unterstützen.
Das Triple aus Monitoring, regelmäßiger Wartung und Transparenz durch die erhobenen Daten bringt eine Reihe an Vorteilen mit sich: Es ermöglicht eine vorausschauende Planung der Wartungsarbeiten, wodurch die Anlagen geschont werden. Durch das frühzeitige Erkennen von Fehlverhalten ist eine schnelle Korrektur möglich, was die Ausfallzeiten minimiert. Da die aufgenommenen Daten auf dem Prozessleitsystem dargestellt und aufbereitet werden, bleiben auch bei dünner Personaldecke alle Anlagen im Blick – „Blindflug“ gibt es keinen mehr.
Drittes Ziel: optimale Betriebsweise bei sich stark ändernder Produktion mit EnergyOpt
Teil des Lieferumfangs von airinotec ist die Regelungssoftware EnergyOpt, die dafür geschaffen wurde, durch eine Regelung der Ventilatoren und Erhitzer Energie zu sparen. Voraussetzung dafür ist, dass der optimale Betriebspunkt für die Lufttechnik gefunden wird. Dazu müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden: die Produktionsleistung der Papiererzeugung, Wärmerückgewinnungsgrade, Energieeffizienz, die baulichen Gegebenheiten (zum Beispiel die Dichtheit der Trockenhaube) und natürlich auch die Vorgaben, die der Betreiber hinsichtlich der Zugänglichkeit der Anlage einzuhalten hat. Die entsprechenden Parameter werden über Messpunkte gesammelt und mittels EnergyOpt analysiert. EnergyOpt ist integriert im Prozessleitsystem Siemens PCS7.
Basis für eine innovative Regelstrategie sind korrekte und verlässliche Messwerte. Hier kann airinotec auf eine langjährige Erfahrung zurückblicken: Sowohl ausgewählte Sensorik und Plausibilitäts- und Ausfallchecks als auch punktuelle Redundanz bei den Messpunkten sorgen für eine zuverlässige Regelstrategie. Jede Papier- oder Kartonmaschine ist ein Unikat. Deswegen wird EnergyOpt an jede Maschine angepasst. Zudem ist das System so angelegt, dass der Kunde EnergyOpt immer an Veränderungen der Kartonmaschine und seine spezifischen Bedürfnisse anpassen sowie stetig optimieren kann. In dieser Optimierungs- und Anlernphase unterstützt airinotec den Kunden. Die Einstellparameter werden dabei so eingesetzt, dass durch gewonnene Erfahrungswerte die Energieeffizienz, der positive Einfluss auf die Produktion und die vorausschauende Wartung verbessert wird. Ein Fernzugriff für schnelle und kompetente Online-Unterstützung ist ein ideales Hilfsmittel.
Umbau während kurzem Anlagenstillstand
Neben den Zielen, die mit dem Lufttechnik-Projekt erreicht werden sollten, haben Unternehmen bei Retrofit-Projekten die Vorgaben, dass Produktionsausfälle durch Anlagenstillstand so gering wie möglich gehalten werden sollen und der vorhandene Platzbedarf so effizient wie möglich genutzt werden muss. Diese Anforderungen lassen sich nur über eine perfekte Vorplanung und Koordinierung von Montage und Wiederinbetriebnahme erfüllen. Besonders die Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke, zu denen in der Regel Bau, Stahlbau, Lufttechnik, Verkabelung, Programmierung, Verrohrung und Isolierung gehören, muss bis ins Detail abgestimmt und koordiniert werden, damit es nicht zu Kollisionen und zu Verzögerung kommt. Im Fall des Projekts Buchmann ist das vorbildlich gelungen: Es konnte die Lufttechnik der Nachtrockenpartie in einem nur fünftägigen Stillstand erneuert werden.